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»Martin Dulig | Konkret« Branche unter Strom: Sachsens Automobilindustrie zwischen Anpassung und Anspannung

»Martin Dulig | Konkret« Branche unter Strom: Sachsens Automobilindustrie zwischen Anpassung und Anspannung

Neue Folge der SMWA-Sendereihe »Martin Dulig | Konkret« ab sofort online

Mit den Volkswagen-Standorten in Zwickau, Chemnitz und Dresden, den Werken von Porsche und BMW in Leipzig sowie rund 780 Zulieferbetrieben ist die Automobilwirtschaft die größte Industriebranche in Sachsen. Sie beschäftigt knapp 100.000 Menschen und steht unter Strom: Zum einen kommt bereits jedes vierte in Europa gebaute vollelektrische Auto aus Sachsen. Zum anderen verunsichern die zu geringe Nachfrage und die preiswertere Konkurrenz aus China deutsche Hersteller und ihre Beschäftigten. So hat Volkswagen angekündigt, befristete Arbeitsverhältnisse im Fahrzeugwerk Zwickau nicht zu verlängern. Wohin steuert Sachsens Automobilindustrie? Diese Frage erörtert Wirtschaftsminister Martin Dulig mit Gästen aus Wirtschaft und Politik in seinem Diskussionsformat auf Youtube.

Die Gesprächspartner von Martin Dulig sind diesmal Dirk Vogel, Netzwerkmanager der Automobilzulieferer Sachsen (AMZ), Kristin Oder, Vize-Betriebsratschefin im Zwickauer Werk der Volkswagen Sachsen GmbH, und Mario Müller, Beigeordneter für den Landkreis Zwickau und Stellvertreter des Landrates. In einem Video-Einspieler kommt Prof. Dr. Joachim Ragnitz, Vize-Leiter der Niederlassung Dresden des ifo-Instituts, zu Wort. Außerdem liefert eine Straßenumfrage ein kurzes Stimmungsbild zur Akzeptanz von Elektromobilität in Sachsen. 

Im zentralen Punkt sind sich die Diskussionsteilnehmer einig: Das »Autoland Sachsen«, das sich als Begriff in der Branche etabliert hat und jedes zehnte Auto in Deutschland fertigt, hat eine Zukunft. Die gegenwärtige Situation sei eine Delle, keine Zäsur. »Wir werden diese Delle überwinden«, sagt Martin Dulig. Das gute, vernetzte Miteinander der Akteure in Sachsen sei ein Standortvorteil: »Wir wollen, dass die Elektromobilität zum Erfolg für Sachsen wird. Dieses gemeinsame Interesse prägt die Zusammenarbeit.« VW-Betriebsrätin Kristin Oder betont: »Es gibt keinen Weg mehr zurück!« Dem schließt sich Mario Müller vom Landkreis Zwickau, der sich als »Motor sächsischer Wirtschaft« vermarktet, an: »Wir glauben fest an den Erfolg der Transformation«. Bei der Ausstattung mit Ladepunkten bewege sich die Zwickauer Region bereits auf dem hohen Niveau von Kalifornien.

Martin Dulig, Wirtschafts- und Arbeitsminister des Freistaat Sachsen

Weiter sagte Minister Dulig: »Wir haben eher eine Vertrauens- als eine Strukturkrise.« Welche Faktoren können – neben Anreizen für den flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur und geringeren Energiepreisen – die Akzeptanz und den Absatz beflügeln? »Wir sind von den Preisen her nicht konkurrenzfähig. Die Vertrauenskrise ist auch eine soziale Frage und Verantwortung. Ich appelliere an die Hersteller, ihre Preispolitik anzupassen«, so Dulig. Kaufprämien würden der deutschen Automobilindustrie per se nicht helfen, sondern kämen chinesischen Herstellern ebenso zu gute. Sowohl ifo-Forscher Joachim Ragnitz als auch Netzwerk-Manager Dirk Vogel versprechen sich von einer stärkeren Standardisierung der Produktion positive Effekte auf die Kaufpreise. Für sächsische Unternehmen wiederum, so Martin Dulig, bedürfe es guter Leasing-Angebote, um ihre Flotten mit E-Fahrzeugen auszurüsten. Betriebsrätin Oder begrüßt diesen Vorschlag: »Das halte ich für sehr zielführend. Es bringt mehr Präsenz auf den Straßen.«

Bei der technischen Innovation, fordert Branchenexperte Dirk Vogel, müsse Deutschland wieder schneller werden. Global tätige chinesische Fahrzeughersteller seien im Moment innovativer als heimische Produzenten. Unter den im vergangenen Jahr weltweit über zehn Millionen verkauften E-Fahrzeugen liege das beste deutsche Modell (VW ID.4) nur auf Rang elf. Vogel weiter: »Es besteht ein unglaublicher Druck im Moment in der Branche, um die Wettbewerbsfähigkeit, die chinesische Autos ausspielen, wieder aufzuholen.« Der Schwerpunkt für die Fahrzeugnutzer – hin zu Software-Konnektivität – habe sich verändert: »Das WLAN im Auto ist vielleicht heute wichtiger für eine große Kundengruppe als der Super-Fahrkomfort.« Nach Auffassung von Kristin Oder kommt der betrieblichen Interessenvertretung hier eine Schlüsselrolle zu: »Mitbestimmung heißt nicht nur: Daumen hoch oder Daumen runter. Oftmals sind wir die Ideengeber und auch die Treiber von Innovation.«


Dirk Vogel, Netzwerkmanager der Automobilzulieferer Sachsen (AMZ)

Bei der technischen Innovation, fordert Branchenexperte Dirk Vogel, müsse Deutschland wieder schneller werden. Global tätige chinesische Fahrzeughersteller seien im Moment innovativer als heimische Produzenten. Unter den im vergangenen Jahr weltweit über zehn Millionen verkauften E-Fahrzeugen liege das beste deutsche Modell nur auf Rang elf. Vogel weiter: »Es besteht ein unglaublicher Druck im Moment in der Branche, um die Wettbewerbsfähigkeit, die chinesische Autos ausspielen, wieder aufzuholen.« Der Schwerpunkt für die Fahrzeugnutzer – hin zu Software-Konnektivität – habe sich verändert: »Das WLAN im Auto ist vielleicht heute wichtiger für eine große Kundengruppe als der Super-Fahrkomfort.« Nach Auffassung von Kristin Oder kommt der betrieblichen Interessenvertretung hier eine Schlüsselrolle zu: »Mitbestimmung heißt nicht nur: Daumen hoch oder Daumen runter. Oftmals sind wir die Ideengeber und auch die Treiber von Innovation.«


Mario Müller, Beigeordneter für den Landkreis Zwickau und Stellvertreter des Landrates

Kristin Oder (Mitte), Vize-Betriebsratschefin im Zwickauer Werk der Volkswagen Sachsen GmbH

ifo-Forscher Ragnitz sieht das Autoland Sachsen grundsätzlich auf einem guten Weg: »Man muss auf mittlere Sicht schauen. Da ist gerade Sachsens Automobilindustrie, die schon jetzt sehr stark auf Elektromobilität setzt, relativ gut aufgestellt.« Nach der Delle werde sie sich »berappeln«. Joachim Ragnitz geht davon aus, dass ein Teil der Zulieferer die Produktion anpassen werde; ein anderer Teil könne von Markt verschwinden. AMZ-Manager Dirk Vogel empfiehlt den Zulieferbetrieben, noch intensiver mit den Forschungseinrichtungen im Freistaat zusammenzuarbeiten.

Wirtschaftsminister Martin Dulig macht am Ende der Diskussion deutlich, dass der Freistaat Sachsen ein Industrie- und Mobilitätsland bleibt und möglichst viele Akteure durch den Wandel mitnehmen möchte: »Es werden auch in Zukunft Fahrzeuge benötigt, auch wenn es einen Kulturwandel gibt und der Besitz eines Autos vielleicht nicht mehr im Vordergrund steht. Durch die Veränderung hin zur Elektromobilität und des Nutzungsverhaltens entwickeln sich ganz neue Geschäftsmodelle, weil zum Beispiel die Mobilität als Dienstleistung eine ganz andere Rolle spielt. Dies können wir mit dem Know-how, das wir in Deutschland und Sachsen haben, lösen.«

Über »Martin Dulig | Konkret« 

Das sächsische Wirtschaftsministerium (SMWA) hat das Format zur Bürgerinformation im Jahr 2021 ins Leben gerufen. Es soll die Themen Wirtschaft, Arbeit, Mobilität und Digitalisierung sichtbar machen, Raum für aktuelle Debatten geben und über die Arbeit des Staatsministers und des Ministeriums informieren. Eine Sammlung der bisherigen Produktionen finden Sie in einer Playlist auf dem Youtube-Kanal des SMWA.

»Martin Dulig | Konkret « im Podcast

Die A-Seite: Der Podcast von Petra Köpping und Martin Dulig
Die A-Seite: Der Podcast von Petra Köpping und Martin Dulig
Koalitionskrach?, Cannabisgesetz, Investitionen in Sachsen, Dialog-Erfahrungen – Die A-Seite – Ausgabe 15
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