Bei ihrer auswärtigen Kabinettssitzung in Brüssel hat die Sächsische Staatsregierung zentrale Weichen für die europapolitische Arbeit der kommenden Jahre gestellt. Im Mittelpunkt standen die neue Europastrategie sowie die Positionierung Sachsens zum EU-Finanzrahmen ab 2028. Ziel ist es, Wettbewerbsfähigkeit, Sicherheit und Zusammenhalt in Europa zu stärken und den Regionen mehr Mitspracherecht zu sichern. Ministerpräsident Michael Kretschmer betonte die Bedeutung Europas als Partner für Forschung, Energiewende und regionale Entwicklung. Wirtschaftsminister Dirk Panter hob die Rolle Sachsens bei Energie- und Rohstoffsicherheit hervor: Mit Projekten wie dem Net Zero Valley Lausitz und Zinnwald Lithium will der Freistaat die industrielle Transformation in Europa aktiv mitgestalten.
Die vom Kabinett beschlossene Europastrategie der Sächsischen Staatsregierung setzt den Fokus auf Wettbewerbsfähigkeit, Sicherheit und Zusammenhalt. Sie legt die strategischen Leitlinien für die europapolitische Arbeit fest und bündelt die europapolitischen Aktivitäten des Freistaates in fünf Handlungsfeldern:
• Europapolitische Schwerpunkte,
• Europabildung,
• Europa-Öffentlichkeitsarbeit,
• Europafähigkeit der Verwaltung,
• Wirkungskanäle der europapolitischen Interessenvertretung.

Ministerpräsident Michael Kretschmer erklärt: »Europa ist für Sachsen gelebte Zukunft. Unsere Kabinettssitzung zeigt, wie eng die sächsische Politik mit der europäischen Ebene verbunden ist. Viele unserer Projekte – von der Energiewende über Forschung bis zur regionalen Entwicklung – gelingen nur im europäischen Schulterschluss. Wir wollen die EU mitgestalten. Sachsen steht für ein starkes, handlungsfähiges Europa, das den Regionen zuhört, Innovationen fördert und Zusammenhalt lebt. Dazu brauchen die Regionen mehr statt weniger Mitspracherecht in europäischen Entscheidungsprozessen. Wenn Europa ein Kontinent starker, wettbewerbsfähiger Wirtschaftsräume bleibt, sichern wir auch den Wohlstand und Wachstum unserer sächsischen Heimat.«
Die Staatsregierung beschloss darüber hinaus ihre Position zu den Kommissionsvorschlägen für den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) der EU für den Zeitraum 2028–2034. Planungssicherheit sowie Zukunftsinvestitionen spielen darin eine wichtige Rolle. Die von der Kommission vorgeschlagene Zentralisierung der Fonds und die Zusammenlegung von Budgets in sogenannten »Nationalen und Regionalen Partnerschaftsplänen« lehnt das Kabinett in seinem Beschluss ab. Diese würden die Gestaltungsspielräume der Regionen erheblich einschränken und die zielgenaue Förderung vor Ort gefährden. Sachsen erwartet von der EU eine grundlegende Überarbeitung des Vorschlages für die Pläne. Die Regionen sollen weiterhin eine zentrale Rolle bei der Ausgestaltung und Umsetzung der EU-Förderung innehaben. Darüber hinaus spricht sich Sachsen für eine ausgewogene Finanzarchitektur aus, die Kohäsion, Wettbewerbsfähigkeit und Transformation gleichermaßen berücksichtigt.
Ministerpräsident Kretschmer bekräftigt die Bedeutung einer verlässlichen europäischen Förderpolitik: »Europa braucht Planungssicherheit. Nur wenn Regionen wie Sachsen Innovation und Strukturwandel erfolgreich gestalten können, wird Europa seine wirtschaftliche Stärke bewahren und ihre Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen.«
In seiner Position erwartet Sachsen von der EU außerdem den Erhalt einer eigenständigen Gemeinsamen Agrarpolitik mit ausreichendem Budget. Kappung und Degression lehnt Sachsen ab, da sie die heimische Agrarstruktur deutlich benachteiligen und sich schlussendlich bis auf die weitere Reduktion der Tierbestände in Sachsen auswirken würden. Zudem setzt sich die Staatsregierung für mehr Mittel im Bereich der Gemeinsamen Fischereipolitik sowie eine flexible und regional ausgerichtete Förderpraxis ein und warnt vor einer Zentralisierung der EU-Fonds.
Umwelt- und Landwirtschaftsminister Georg-Ludwig von Breitenbuch: »Wir stehen für eine starke Landwirtschaft, für einen starken ländlichen Raum, für unser Sachsen ein. Die bisherigen Fonds in Nationalen und Regionalen Partnerschaftsplänen aufgehen zu lassen, ist ein völlig falsches Signal. Wenn wir eine wettbewerbsfähige Landwirtschaft und eine sichere Nahrungsmittelversorgung gewährleisten wollen, muss ein eigenständiges und auskömmliches Budget für die Gemeinsame Agrar- und Fischereipolitik das oberste Ziel sein. Mein Appell lautet: Lassen sie uns gern gemeinsam nach pragmatischen Lösungen suchen, die allen Beteiligten Kontinuität und Verlässlichkeit bieten.«
Im Rahmen der Kabinettssitzung in Brüssel hat Sachsen die Bedeutung einer strategischen, abgestimmten europäischen Industrie- und Wettbewerbspolitik betont, die Wachstum, Wohlstand und Innovationskraft stärkt. Das Kabinett unterstrich, dass Sachsen mit seinen Stärken in Mikroelektronik, Energie und Mobilität bereits einen wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Zukunft Europas leistet und damit die Basis für nachhaltigen Wohlstand und widerstandsfähige Wertschöpfungsketten schafft.

Mit Blick auf die Lage der Automobilindustrie bekräftigt Wirtschaftsminister Dirk Panter seine Haltung: »Es gilt nach wie vor: Die deutsche Autoindustrie muss wieder wettbewerbsfähig werden – und zwar bei uns in Deutschland. Gleichzeitig müssen wir dafür sorgen, dass wir unsere Abhängigkeiten in den Lieferketten verringern. Auch das ist ein wichtiger Teil von mehr Widerstandsfähigkeit. Wir brauchen alternative Pläne in Europa, auf die wir uns auch in der Not verlassen können. Natürlich bleibt der Freihandel in der Welt die beste Voraussetzung für eine prosperierende Weltwirtschaft. Wenn der Freihandel aber dem Machtkampf von wirtschaftlichen Großmächten zum Opfer fällt, dann müssen wir mit alternativen Plänen gewappnet sein.«
Energiesicherheit und Wettbewerbsfähigkeit waren zwei weitere Schwerpunktthemen. Im Rahmen der Kabinettssitzung hat die Sächsische Staatsregierung darüber die Zukunftsprojekte »Net Zero Valley Lausitz« und »Zinnwald Lithium« beraten. Mit der Bewerbung der Lausitz als »Net Zero Valley« soll ein attraktives Umfeld für die Ansiedlung von Produktionsanlagen für Netto-Null-Technologien geschaffen werden.
Zudem befasste sich das Kabinett mit dem Projekt der Lithiumgewinnung im Zinnwald, das im Zusammenhang mit dem im Mai 2024 in Kraft getretenen Critical Raw Materials Act (CRMA) steht. Ziel ist es, die Versorgung der EU mit strategisch wichtigen Rohstoffen zu sichern. Die Staatsregierung setzt sich dafür ein, das Zinnwald-Vorhaben auf Bundes- und EU-Ebene als strategisches Schlüsselprojekt anzuerkennen, um Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und die heimische Lithiumförderung unter Wahrung der Umwelt- und Sozialstandards sowie im Einklang mit den Interessen der Bevölkerung vor Ort zu stärken.
Wirtschaftsminister Dirk Panter betont: »Energie- und Rohstoffsicherheit sind Grundpfeiler unseres Wohlstands. Gerade angesichts globaler Krisen müssen Europa und Deutschland unabhängiger werden. Mit dem Net Zero Valley Lausitz und dem Lithiumprojekt im Erzgebirge gehen wir in Sachsen zwei entscheidende Schritte in diese Richtung. Wir stärken die industrielle Wettbewerbsfähigkeit, sichern die Transformation hin zu klimaneutraler Produktion und leisten einen Beitrag zu mehr technologischer und rohstofflicher Souveränität für Deutschland und Europa.«


Im weiteren Verlauf der Kabinettssitzung folgt der Austausch mit Vertretern des EU-Parlaments und der EU-Kommission. Dabei stehen die zukünftige Ausgestaltung der Kohäsionspolitik, die Stärkung der europäischen Sicherheitsarchitektur und Verteidigungsfähigkeit sowie die nachhaltige Transformation der Landwirtschaft im Mittelpunkt. Zu den Gästen zählen u.a. Raffaele Fitto, Exekutiver Vizepräsident für Kohäsion und Reformen, Andrius Kubilius, Kommissar für Verteidigung und Raumfahrt, sowie Christophe Hansen, Kommissar für Landwirtschaft und Ernährung.
Beitrag aus Pressemitteilung der Sächsischen Staatskanzlei: https://medienservice.sachsen.de/medien/news/1092021
Alle Bilder: Foto: Sächsische Staatskanzlei / Nikolai Schmidt
