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»Martin Dulig | Konkret«: Eisenbahn in Sachsen – Richtige Weichenstellung oder Fahrt aufs Abstellgleis?

»Martin Dulig | Konkret«: Eisenbahn in Sachsen – Richtige Weichenstellung oder Fahrt aufs Abstellgleis?

Zwischen Zukunftsprojekten und Alltagsproblemen: Wohin steuert Sachsens Schienenverkehr? Diese Frage diskutiert Sachsens Verkehrsminister Martin Dulig mit Expertinnen und Experten aus dem Freistaat in der neuen Ausgabe von »Martin Dulig | Konkret«. Im Fokus steht dabei nicht nur die Neubaustrecke Dresden-Prag, sondern auch die Reaktivierung ausgedienter Strecken, die Elektrifizierung von Strecken im Land und die Lehren des Deutschlandtickets ein Jahr nach dessen Einführung.

Gesprächspartner sind Constance Arndt, Oberbürgermeisterin der Stadt Zwickau, Martin Walden, Bevollmächtigter der Deutschen Bahn in Sachsen, Ingo Koschenz, Sprecher der Regionalgruppe Ostsachsen und ReferentOsteuropaverkehre des Bundesverbands Fahrgastverband PRO BAHN e. V., Heiko Loroff, Geschäftsführer Sächsische Binnenhäfen Oberelbe GmbH und Andreas Hemmersbach, Vorsitzender der VDV-Landesgruppe Sachsen/Thüringen und Vorstand Finanzen und Technik DVB AG. In Video-Einspielern kommen Tim Krause, Manager Marketing & Communications der Cargobeamer AGSven Schulze, Oberbürgermeister der Stadt Chemnitz und Lukas Rohleder, Hauptgeschäftsführer der IHK Dresden zu Wort. Es moderiert Jan Kaufhold.

Klimawandel und Energiewende erfordern technische Innovationen und verstärkte Anstrengungen, insbesondere im weiteren Ausbau des ÖPNV und der Schieneninfrastruktur. Der Freistaat Sachsen setzt sich seit Jahren für eine Verbesserung des Schienenverkehrsangebots ein, um den Bahnverkehr in Sachsen wieder attraktiver zu machen. Martin Dulig, Sächsischer Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr betont: »Sachsen wurde in den 90er Jahren vom Bahnverkehr abgehangen. Viele Strecken wurden schlichtweg stillgelegt, weil sie nicht mehr genutzt wurden. Jetzt befinden wir uns in einem Nachholprozess und mittendrin im mühsamen Prozess, Sachsens Bahnverkehr vom Abstellgleis wieder auf die Überholspur zu bringen. Wir wollen Strecken reaktivieren. Hier wünsche ich mir aber eine realistische Debatte. Denn das eine ist die Investition in eine Strecke, das andere ist, diese auch wirtschaftlich zu betreiben. Ich hoffe, dass auch ein sich änderndes Nutzungsverhalten dazu führt, dass diese Strecken wieder genutzt werden.« 

Martin Walden, Bevollmächtigter der Deutschen Bahn in Sachsen:»Der Zustand unserer Infrastruktur ist in Teilen ein bemitleidenswerter. Im Freistaat Sachsen sind wir dennoch besser unterwegs als im bundesweiten Durchschnitt. Diesen Bonus dürfen wir nicht verschleißen. Das heißt, wir müssen die bestehende Infrastruktur in ihrer Leistungsfähigkeit dahin bringen, wo sie hingehört. Das verlangt viel Geld, auch von Seiten des Eigentümers. Wir sind auf einem sehr guten Weg. Der Fokus liegt auf der Ertüchtigung des bestehenden Netzes und dann in der Ergänzung einzelner Komponenten, wie der Ausbau bestehender Strecken und der Neubaustrecke Dresden – Prag. Ziel ist, ein Gesamtpaket zu schnüren und im Laufe der Jahre weiterzuentwickeln, das am Ende den Reisebedürfnissen Rechnung trägt und den Auftrag erfüllt, die Klimawende entsprechend zu begleiten.«

Zuletzt erlebte die Bahn auch Dank des Deutschlandtickets ein Comeback. Um langfristig noch mehr Menschen von der Fahrt mit Bus und Bahn zu überzeugen, braucht es ein verlässliches Angebot für die Kunden sowie eine dauerhafte Finanzierung des Tickets. Beim Treffen der Verkehrsminister der Bundesländer im April in Münster forderten diese eine gesicherte Perspektive für den nötigen Ausbau und die Modernisierung von Infrastrukturen und Fahrzeugen sowie finanzielle Mittel für den flächendeckenden Angebotsausbau.

»Es gab namhafte Fahrgaststeigerungen durch das Deutschlandticket. Es wurde bundesweit über 11,5 Millionen Mal verkauft. Wir sehen auf vielen Freizeitstrecken im Bahnverkehr hohe Nachfragezuwächse, d. h. das Angebot ist attraktiv. Der günstige Preis und die Einfachheit sind bestechend. Es gilt jetzt den zweiten Schritt zu machen und die Erwartungshaltung weiter zu befriedigen. Wir brauchen jetzt den Ausbau des Nahverkehrs, der Strecken und der Bedienfrequenz«, sagt Andreas Hemmersbach, Vorsitzender der VDV-Landesgruppe Sachsen/Thüringen und Vorstand Finanzen und Technik DVB AG.

Ingo Koschenz, Sprecher der Regionalgruppe Ostsachsen und ReferentOsteuropaverkehre des Bundesverbands Fahrgastverband PRO BAHN e. V., sagt:  »Das Deutschlandticket ist ein großer Wurf und der richtige Schritt seitens des Bundes. Jetzt erwarten wir, dass der eigentlich vorgeschaltete Schritt, nämlich mehr Investitionen in Schiene und ÖPNV ganz schnell und kräftig nachgeholt werden, damit auch die ländlichen Räume von diesem Ticket profitieren können. Das ist die große Baustelle.«

Die Stadt Zwickau ist Mitglied des Sächsisch-Bayrischen Städtenetzes. Unter dem Motto »Mut zum Lückenschluss« kämpft das Städtenetz für die vollständige Elektrifizierung der Sachsen-Franken-Magistrale. Das noch fehlende Stück des Ausbaus der Franken-Sachsen-Magistrale ist die Elektrifizierung der Bahnstrecke von Nürnberg über Marktredwitz bis Hof bzw. Schirnding an der bayerisch-tschechischen Grenze. Damit soll die Elektrifizierungslücke zwischen Nürnberg und Leipzig beziehungsweise Dresden, Ostsachsen und Prag geschlossen werden und unter anderem wieder einen durchgängigen Fernverkehr ermöglichen. Welche Bedeutung hat die Bahn und der Güterverkehr in der Region Südwestsachsen?

Constance Arndt, Oberbürgermeisterin der Stadt Zwickau, sagt dazu: »Eine gute Verkehrsinfrastruktur ist wichtig für die Entwicklung einer Region. Unsere Region ist stark industriell geprägt. Besonders der Lückenschluss zwischen Hof und Nürnberg könnte helfen, um gerade Güterverkehr von Straße auf die Schiene zu bekommen. Das würde auch die Straßen entlasten. Zudem ist eine gute Anbindung auch wichtig für die Entwicklung als Zentrum für Kultur, Kongresse und natürlich auch als Wohnstandort. Daher muss durchaus noch ein bisschen was getan werden.«  

Die Sächsische Binnenhäfen Oberelbe GmbH (SBO) arbeitet bereits international, Sie ermöglicht Transporte von Waren nach ganz Europa und unterstützt damit die Verlagerung von Gütern weg von der Straße. Mit der Abfertigung und Verladung von Sattelaufliegern, auch Trailer genannt, auf die Schiene verfügt die SBO über eine neue umweltfreundliche Transportalternative in ihrem Portfolio. Das Terminal in Dresden wird derzeit ausgebaut und erweitert.  

Große Erwartungen setzt Heiko Loroff, Geschäftsführer Sächsische Binnenhäfen Oberelbe GmbH in die Neubaustrecke Dresden-Prag. Die Planungen für das Zukunftsprojekt der Bahn nehmen derzeit die nächste Hürde, die Vorplanung steht vor dem Abschluss: »In unseren Häfen haben wir die modernsten Eisenbahninfrastrukturen in den Anschlussgleisen, die man nutzen kann. Alle Welt spricht von Verkehrsverlagerung, mittlerweile stehen die Häfen im nationalen Hafenkonzept des Bundes, was den Bahnverkehr betrifft, wieder ganz oben. Gütertransport ist eine wichtige Schiene. Sachsen ist ein Transitland. Wir müssen die Güter von der Straße holen, das ist die wichtigste Aufgabe. Wir haben dafür gute Konzepte entwickelt, die Korridore definieren und die der Verkehrsverlagerung dienen, auch grenzüberschreitend. Insofern freuen wir uns über die Neubaustrecke Dresden – Prag, es bedeutet für uns eine große Beschleunigung. Wir erhalten eine leistungsfähige Strecke und eine zuverlässige Verbindung in die Region Prag, die eine höhere automatisierte Zugfolge zulässt.«

Für Martin Dulig ist der eingeschlagene Weg der richtige: »Um die klimafreundliche Verkehrsverlagerung auf die Schiene zu realisieren, ist ein stabiles und modernes Netz notwendig. Wir brauchen eine leitungsfähige Bahn, die Menschen an ihr Ziel bringt und unsere Güter- und Warenströme bewältigen kann. In den letzten Jahren hat sich in Sachsen einiges getan: Mit dem Deutschlandticket gibt es ein gutes Angebot, bei der Verkehrsverlagerung kommen wir peu a peu voran und das Großprojekt Neubaustrecke Dresden-Prag wird den Bahnverkehr in Europa neu ordnen. Wenn wir auf die Bahn setzen, gelingt uns eine richtige Weichenstellung.«   

Die A-Seite: Der Podcast von Petra Köpping und Martin Dulig
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K(l)eine Abschiede zum Ende Legislatur – Die A-Seite – Ausgabe 17
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