Riesa liegt geografisch günstig im sächsischen Binnenhafenverbund und ist ein wichtiges sächsisches Drehkreuz für Binnenschiff, Eisenbahn und LKW. Im Oktober dieses Jahres gab die Landesdirektion Sachsen grünes Licht für den Neubau eines Terminals für den kombinierten Verkehr (KV-Terminal). Das Terminal soll auf der Fläche des »Alten Hafens« entstehen und den Containerumschlag zwischen den Verkehrsmitteln Binnenschiff, Eisenbahn und LKW ermöglichen. ZUKUNFTBlog hat bei Heiko Loroff, Geschäftsführer der Sächsischen Binnenhäfen Oberelbe GmbH (SBO) zum aktuellen Stand und zur zukünftigen Nutzung und Auslastung des Binnenhafens nachgefragt.
Herr Loroff, im Oktober wurde der Neubau des kombinierten Verkehrsterminals (KV-Terminal) offiziell genehmigt. Wie ist der aktuelle Stand?
Die SBO befindet sich aktuell in der Auswertung des Planfeststellungsbeschlusses mit dem Ziel, die erteilten Auflagen und Bedingungen gegenüber dem gestellten Antrag herauszuarbeiten und im Anschluss die ursprüngliche Kostenschätzung gemeinsam mit den beauftragten Planungsbüros zu überarbeiten.
Was wird konkret entstehen?
Am Standort Riesa soll ein trimodales Umschlagterminal für den Kombinierten Verkehr (KV) mit einer Umschlagkapazität von bis zu 100.000 TEU (Twenty-Foot Equivalent Unit) entstehen. Dies beinhaltet die Herstellung einer Eisenbahninfrastruktur mit sechs Gleisen, einer Umschlagfläche und zwei Portalkranen für den trimodalen Umschlag.
Warum benötigt der Hafen in Riesa überhaupt ein neues Terminal?
Das bestehende Terminal genügt nicht mehr den heutigen Anforderungen an ein KV-Terminal. Es ist kapazitätsmäßig an seine Grenzen gekommen, der bauliche Zustand der Flächen, Gleise und Zufahrten ist stark sanierungsbedürftig. Ebenso entsprechen die logistischen Abläufe nicht mehr dem Stand der Technik.
Welche Waren werden im Hafen Riesa derzeit hauptsächlich umgeschlagen und wer nutzt vor allem die Infrastruktur?
Es werden hauptsächlich Güter für die Unternehmen in Sachsen umgeschlagen. Diese variieren in der Vielzahl. Alles, was Container an Gütern fassen können, ist dabei. Neben Containern werden auch Massengüter, wie Getreide, Holz und Schrott am Standort Riesa umgeschlagen.
Die Infrastruktur wird von einer Vielzahl von Unternehmen, hauptsächlich aus der Region Riesa, Dresden, Chemnitz, Leipzig genutzt. Aber auch Kunden aus Tschechien und Polen nutzen die trimodalen Möglichkeiten.
Der Ausbau des Terminals soll eine Kapazität von 100.000 TEU pro Jahr ermöglichen. Welche Marktentwicklungen und Wachstumsprognosen liegen diesem Plan zugrunde?
Wir orientieren uns hier an eigenen Marktanalysen, am Bundesverkehrswegeplan und an den Vorgaben unserer Kunden und Dienstleister. Der Standort Riesa gehört laut Planco-Studie des Bundesverkehrsministeriums zu den wichtigsten Hinterlandanbindungen an die Seehäfen im Kombinierten Verkehr.
Wie sehen Sie die Rolle des Hafens in Riesa im Kontext der sächsischen Wirtschaft und welche Chancen sehen Sie durch die geplante Erweiterung für die regionale Logistikbranche?
Wir brauchen zukunftsfähige, nachhaltige und leistungsfähige Verkehrslösungen für das stetig steigende Frachtaufkommen. Die Einbindung regionaler Akteure und Dienstleister ist dafür unabdingbar. Die sächsische Wirtschaft braucht diese Lösung im jetzigen Bestand und auch für kommendes Wachstum sowie für Neuansiedlungen.
Welche weiteren Entwicklungen vor allem im überregionalen Transportnetz könnten den Hafenbetrieb in den nächsten Jahren beeinflussen?
Die Neuordnung der TEN-T-Korridore, die Energiepolitik und auch die Nachhaltigkeitsforderungen im Transportsektor brauchen diese Entwicklung zu zentralisierten Logistikknoten mit einem diskriminierungsfreien Zugang zu trimodaler Infrastruktur. Auch die geforderten und geplanten Rückverlagerungen der Transporte von der Straße auf die Schiene und Wasserstraße haben massiven Einfluss auf die weitere Entwicklung.
Gibt es bereits konkrete Anfragen von potenziellen Kunden oder Partnern, die sich für die Nutzung des neuen KV-Terminals interessieren? Welche Branchen könnten besonders profitieren?
Es gibt Nachfragen von unseren Bestandskunden nach Kapazitätserhöhungen in den nächsten 10 Jahren. Auch werden wir gezielt von Unternehmen angesprochen, die sich im Freistaat neu ansiedeln möchten und diese Lösungen suchen oder benötigen.
Welche Möglichkeiten sehen Sie für den Hafen, sich in Zukunft weiter als Logistik-Hub zu etablieren? Welche Innovationen oder Technologien spielen dabei eine Rolle?
Auch in der Logistik ist die Frage nach Verfügbarkeit von Ressourcen und Geschwindigkeit oftmals der ausschlaggebende Faktor. Das können wir zukünftig. Mit dem Ausbau der Zugkapazitäten und dem direkten Umschlag zwischen Wasserstraße/Schiene/Straße sind wir innovativ und leistungsfähig. Oberste Priorität hat dabei auch wieder die verstärkte Nutzung der Wasserstraße Elbe als Transportstrecke. Wir wissen, dass die Ressourcen auf Straße und Schiene, was die Kapazität anbelangt, nahezu erschöpft sind. Die Wasserstraße kann und muss hier eine sinnvolle Alternative und Entlastung sein.
Hintergrund:
Der Hafen Riesa gehört zur Hafengruppe der Sächsische Binnenhäfen Oberelbe GmbH (SBO) und ist einer von drei trimodalen Elbe-Binnenhäfen mit Anbindung an die norddeutschen Seehäfen. Mit der eigentlichen Funktion des Schiffsumschlags in den sächsischen Binnenhäfen eng verbunden ist die Schnittstellenfunktion zwischen den Verkehrsträgern Binnenschiff, Eisenbahn und Lkw. Diese trimodalen Hafenstandorte ermöglichen intermodale Verkehre, für die der jeweils vorteilhafte Verkehrsträger eingesetzt werden kann. Alle Güter, die aufgrund Ihrer Abmessungen und des Gewichtes unter Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften nicht auf der Schiene oder der Straße transportiert werden können, sind zudem auf die Elbe als Transportweg zwingend angewiesen. Die Bestandssicherung und Entwicklung der Häfen in Dresden, Riesa und Torgau ist von hoher verkehrspolitischer Bedeutung für den Freistaat Sachsen und eine unerlässliche Aufgabe der Daseinsvorsorge.
- PM Landesdirektion Sachsen vom 23. Oktober: Grünes Licht für Erweiterung des Riesaer Hafens
- Sächsische Binnenhäfen Oberelbe GmbH