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»Die digitale Transformation ist kein linearer Prozess« – Interview mit Frauke Greven, Leiterin der Digitalagentur Sachsen

»Die digitale Transformation ist kein linearer Prozess« – Interview mit Frauke Greven, Leiterin der Digitalagentur Sachsen

Seit März 2022 ist Frauke Greven Leiterin der Digitalagentur Sachsen. Die »DiAS« versteht sich als Dienstleister, Denkfabrik und Ideenschmiede für alle Themen der Digitalisierung in Sachsen. Im Interview mit dem #ZUKUNFTblog spricht Frauke Greven über ihren Start bei der DiAS und den Fortschritt der digitalen Transformation in Sachsen.

ZUKUNFTblog: Seit 2022 hat Sachsen eine eigene Digitalagentur – sie versteht sich als »Dienstleister« und »Denkfabrik«. Wie kann man sich die Arbeit konkret vorstellen?

Frauke Greven: Zunächst einmal: Digitalisierung ist ein hochkomplexes Themenfeld, in dem vielfältige Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft, Gesellschaft und Verwaltung zusammenwirken. Neben einem sehr guten Technologieverständnis braucht es vor allem Methodenkompetenz, um für alle Beteiligten das beste Ergebnis zu erreichen. Als Dienstleister stellen wir unsere Services für die jeweilige Aufgabe individuell zusammen, um die Fragestellungen passend zu beantworten. Als Impulsgeberin unterstützen wir dabei, dass potentielle Partnerinnen und Partner zusammenfinden, Ideen entwickeln und Digitalisierungsvorhaben an den Start kommen. In ausgewählten Themenbereichen geht die DiAS selbst Kooperationen mit Stakeholdern ein, um Projekte zu initiieren. Wichtig ist uns, intelligente und effiziente Lösungen zu finden, die anderen schnell helfen.

ZUKUNFTblog: Welche Arbeitsschwerpunkte hat die DiAS?

Frauke Greven: Unsere Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen digitale Infrastruktur und digitale Transformation. Zur digitalen Infrastruktur gehören der Ausbau der Glasfasernetze, die Taskforce Mobilfunk und der Infrastrukturatlas Sachsen. Im Bereich der digitalen Transformation bringen wir Digitalisierungsinteressierte aus Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft zusammen, initiieren Beteiligungsformate zur Digitalpolitik und realisieren Projekte. Die Vorhaben zielen darauf ab, Akteurinnen und Akteure so miteinander zu vernetzen, dass Themen ihre Strahlkraft gewinnen und Neues entstehen kann. 

ZUKUNFTblog: Sie haben das Stichwort »digitale Transformation« genannt. Der Begriff ist in aller Munde, aber was bedeutet er eigentlich für die Bürgerinnen und Bürger?

Frauke Greven: Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern muss den Menschen dienen. Heute erwarten die meisten Bürgerinnen und Bürger, dass die digitale Infrastruktur funktioniert und die Digitalisierung sämtlicher Lebensbereiche wie Arbeit, Gesundheit, Mobilität, Wohnen gelingt – in der Stadt wie auf dem Land. Hinter diesem Wandel hin zu einer digitalen Welt stecken eine Menge Informationstechnik und Prozesse. Wichtig für alle Digitalisierungsvorhaben sind vor allem Mut zur Veränderung, eine gute Strategie sowie Zeit und Ressourcen, die effektiv und nachhaltig investiert werden müssen. Das heißt, dass jeder und jede die digitale Transformation mitgestalten kann – als Verbraucherin, Arbeitnehmer, Geschäftsführerin, Lehrer, ehrenamtlich Engagierte und vieles mehr. Kurz: Digitale Transformation mitgestalten, um digitale Angebote zum Nutzen der Menschen zur Verfügung zu haben – so könnte das Motto lauten.

UKUNFTblog: Das ist sicherlich ein sehr umfassendes Thema. Sie haben viele Aspekte des digitalen Wandels angesprochen. Aber gerade im Bereich der digitalen Infrastruktur geht es in Sachsen gut voran…

Frauke Greven: Derzeit gibt es über 200 Projekte im geförderten Breitbandausbau im Freistaat, die in Zusammenarbeit von den Kommunen als Zuwendungsempfänger und den Telekommunikationsunternehmen realisiert werden. Daran sind viele Menschen und Institutionen beteiligt. Unsere Aufgabe ist es, vor Ort zu sein, wenn Fragen auftauchen oder Situationen entstehen, in denen unterschiedliche Interessen aufeinandertreffen. Wir unterstützen und koordinieren, damit alle Beteiligten die Ausbauziele fest im Blick haben und erfolgreich erreichen können. Das gilt für den Breitbandausbau genauso wie für den Mobilfunk. 

ZUKUNFTblog: Wie kann man sich das konkret vorstellen? Gehen Sie direkt auf die Kommunen zu oder kommen die Kommunen auf Sie zu? Wie berät die Digitalagentur die Kommunen in Sachen Sicherheit?

Frauke Greven: Die vielfältigen Projekte im Breitbandausbau sind häufig so organisiert, dass sie von sogenannten Breitbandkoordinatoren der Landkreise und kreisfreien Städte initiiert, überwacht, koordiniert und begleitet werden. Wir setzen uns insbesondere mit diesen Akteuren zusammen und pflegen einen regelmäßigen Austausch, um Wissen effektiv zu teilen und erfolgreiche Ansätze zu verbreiten, damit andere davon lernen können und der Breitbandausbau beschleunigt wird. Wir nehmen Kontakt zu den Gemeinden auf, wenn wir sehen, dass wichtige Meilensteine in naher Zukunft zu erreichen sind. Und natürlich erkundigen wir uns nach dem aktuellen Stand und bieten bei Bedarf Unterstützung an. Die Kommunen können sich zudem jederzeit von sich aus an uns wenden. Auch Bürgerinnen und Bürger haben Fragen zum Stand des Breitbandausbaus. Sie können uns direkt kontaktieren.

ZUKUNFTblog: Ein konkretes Thema im Bereich der Digitalisierung, das viele Menschen beschäftigt, ist die Künstliche Intelligenz (KI) in konkreten Anwendungen, z.B. beim mittlerweile sehr bekannten ChatGPT. Wo steht der Freistaat Sachsen in diesem Bereich und welche Rolle spielt dabei die Digitalagentur?

Frauke Greven: Der Freistaat Sachsen hat eine KI-Strategie entwickelt und Handlungsfelder definiert, in denen aktiv gearbeitet werden soll. Sachsen hat sich in den letzten Jahren in der wissenschaftlichen KI-Forschung hervorragend entwickelt. An den Hochschulen sind innovative Professuren und richtungsweisende Zentren entstanden. Die außeruniversitäre Forschung setzt in vielen Bereichen auf internationalem Niveau Maßstäbe. Wichtig ist es, den Transfer von wissenschaftlichen Erkenntnissen in die Wirtschaft zu beschleunigen. Hier spielt die DiAS eine wichtige Rolle. Ein Ziel der Strategie war die Einrichtung einer Kompetenzstelle KI. Diese ist nun bei uns in der DiAS angesiedelt. Hier werden die Aufgaben im Bereich der digitalen Transformation mit KI-Kompetenz gebündelt. Wir haben den Überblick über Marktteilnehmer und Akteure, identifizieren interessante Projekte und tragen dazu bei, den KI-Standort Sachsen noch bekannter und sichtbarer zu machen.

ZUKUNFTblog: Wir haben schon über viele Arbeitsfelder gesprochen und Sie haben erwähnt, dass die Digitalagentur noch eine sehr junge Behörde ist, die erst im letzten Jahr gegründet wurde. Es gibt noch viel zu tun. Wie ist der Aufbau der Agentur bisher verlaufen? Wie ist die Stimmung im Team und wie viele Kolleginnen und Kollegen arbeiten an den verschiedenen Themen?

Frauke Greven: In der Digitalagentur Sachsen sind insgesamt 19 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Wir sind interdisziplinär aufgestellt – mit Kolleginnen und Kollegen aus verschiedenen Branchen, mit unterschiedlichen Hintergründen und vielfältigen Erfahrungen im Bereich Digitalisierung. Von Sozialpädagogik über Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre bis hin zu Ingenieurwissenschaften und IT ist alles vertreten. Diese Vielfalt an Perspektiven ermöglicht es uns, mit Hilfe agiler und digitaler Arbeitsmethoden komplexe Fragestellungen der digitalen Transformation erfolgreich zu beantworten. Wir gestalten unsere Verwaltungsabläufe weitestgehend effizient und implementieren digitale Prozesse, um unseren eigenen Workflow zu automatisieren. So haben wir eine dynamische und lebendige Kultur entwickelt und geben uns immer wieder neue Impulse, um als Denkfabrik aktuell und kreativ zu bleiben.

ZUKUNFTblog: Auf welche aktuellen Projekte der Digitalagentur Sachsen können wir uns in naher Zukunft freuen?

Frauke Greven: Da ist eine ganze Menge. Mir war von Beginn an das Thema Cyber-Sicherheit für die Wirtschaft ein großes Anliegen. Im Februar 2023 haben wir schließlich gemeinsam mit allen sechs Kammern im Freistaat und dem LKA die Initiative »Cyber-Sicherheitsnetzwerk Sachsen« ins Leben gerufen. Im Fokus stehen vor allem kleine und mittlere Unternehmen. Sie erhalten von uns Unterstützung, um sich in der Digitalisierung cyber-sicherer aufzustellen. Unser Engagement im Netzwerk wird sicherlich weiterhin viel öffentliche Aufmerksamkeit bekommen und dazu beitragen, die Wirtschaft vor den wachsenden Cyber-Risiken zu schützen und Unternehmen in die Lage zu versetzen, sich selbst zu helfen.

Im Glasfaserausbau befassen wir uns mit den Potenzialen alternativer Legemethoden. Wir untersuchen, wie der Ausbau mit weniger Ressourcen und schnelleren, zielgerichteten Methoden beschleunigt werden kann. Hier gibt es noch wenig Erfahrungswerte. Deshalb haben wir zum Auftakt gemeinsam mit dem Gigabitbüro des Bundes eine Roadshow in Sachsen durchgeführt, um über die aktuelle DIN zu informieren und uns über die positiven wie auch negativen Erfahrungen der Kommunen auszutauschen. Dies dient als Grundlage für einen Wissenstransfer und ein flächendeckendes Schulungsangebot, um Sachsen in diesem Bereich weiter voranzubringen.

Auch das Thema Künstliche Intelligenz (KI) wird uns weiter beschäftigen. Unsere aktuelle Studie bietet einen Überblick zur vielfältigen Akteurslandschaft in Sachsen. Dazu gehören auch Start-ups und bisher noch wenig sichtbare Projekte. Für das Jahr 2024 sind daraus abgeleitet eine Reihe von Aktivitäten im Bereich KI geplant.

Last but not least möchten wir unser erfolgreiches Pilotprojekt »Sachsen Digital – Mit Frauen in Führung« ausrollen und Unternehmen in Sachsen ermöglichen, das Programm mit überschaubarem Aufwand selbst durchzuführen. Es richtet sich vor allem an junge Frauen, um sie für die digitale Transformation zu gewinnen. Erfahrungen sowie Tipps der Teilnehmerinnen sind in unserem Podcast »Sachsen Digital – Menschen gefragt« auf Spotify zu finden. 

ZUKUNFTblog: Liebe Frau Greven, vielen Dank für das Gespräch. 


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