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Wissenstransfer über Grenzen hinweg: Erfahrungen vom Brenner Basistunnel für die Neubaustrecke Dresden-Prag

Wissenstransfer über Grenzen hinweg: Erfahrungen vom Brenner Basistunnel für die Neubaustrecke Dresden-Prag

Mitte Mai trafen sich sächsische und tschechische Fachleute sowie Regionalvertreter, die mit der Eisenbahnneubaustrecke Dresden-Prag befasst sind, im Rahmen einer Fachexkursion am Brenner-Basistunnel und seiner Zulaufstrecke im Unterinntal. Organisiert wurde das Fachprogramm vom Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) in Kooperation mit den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB).

Sächsisch-tschechische Fachexkursion zum Brenner-Basistunnel

Die Eisenbahnneubaustrecke zwischen Dresden und Prag ist ein Generationenprojekt von europäischer Bedeutung. Der Projektabschnitt Erzgebirgstunnel steht kurz vor Abschluss der Vorplanung. Die zukünftige Neubaustrecke wird einen Engpass im grenzüberschreitenden Schienenverkehr zwischen Deutschland und Tschechien beseitigen. Durch eine Streckenführung außerhalb des Elbtals können die Reisezeiten im grenzüberschreitenden Personenverkehr deutlich verkürzt, zusätzliche Kapazitäten für den Güterverkehr geschaffen und das Elbtal in Richtung tschechischer Grenze vom Verkehrslärm spürbar entlastet werden.

Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch sind von Anfang an entscheidend für den Fortschritt beim grenzüberschreitenden Eisenbahnprojekt Dresden-Prag. Mitglieder des EVTZ, die Bauherren Správa železnic und DB InfraGO sowie Vertreter von Ministerien, Fachbehörden und Kommunen erfuhren bei Besichtigungen und intensiven Gesprächen, wie die komplexe Aufgabe des zukünftig längsten Eisenbahntunnels der Welt am Brenner erfolgreich angegangen wird.

Der Besuch bei den tunnelbauerfahrenen Kollegen der ÖBB und der Brennerbasistunnel-Gesellschaft (BBT-SE) hat verdeutlicht, wie frühzeitig und tiefgehend die komplexen Themen im Vorfeld der Genehmigungsprozesse behandelt werden müssen, um ein solches Großprojekt zum Erfolg zu führen. Vertrauen, Verantwortung und Transparenz zwischen allen Beteiligten sowie eine große Portion Begeisterung und Fachkompetenz sind bei den Kollegen in Österreich das wichtigste Fundament für den Projektfortschritt.

Für alle Beteiligten gab die Fachexkursion wertvolle Impulse für die Arbeit am Projekt. So auch für die Bürgermeister der tschechischen Gemeinden Miroslava Bechyňová (Přestanov), Jan Doubrava (Telnice), Věra Nechybová (Ústí nad Labem), Jana Oubrechtová (Trmice) und Alena Vaněčková (Chabařovice): »Wir haben als Vertreter der Gemeinden und Städte, die an der Trasse der neuen Bahnstrecke Prag-Dresden liegen, die Möglichkeit genutzt, um uns gemeinsam mit unseren deutschen Kollegen über die Bauweise von Eisenbahntunneln ähnlich dem zukünftigen Erzgebirgstunnel einschließlich der dazugehörigen Infrastruktur zu informieren. Insbesondere zu Baustellenausrüstung, Aushubdeponierung, Produktion von Betonfertigteilen (Tübbingen) und zu Umspannwerken. Ein untrennbarer Bestandteil sind auch die Sicherheit des Bahnbetriebes und die damit verbundenen Sicherheitsmaßnahmen. Interessant war für uns, auch die Möglichkeiten verschiedener Ausgleichsmaßnahmen sowie die Revitalisierung ehemaliger Baustellenbereiche zu sehen. Die Begegnung mit der Praxis und Realität bei einem großen Infrastrukturvorhaben ist für uns eine sehr wertvolle Erfahrung.«

Der Bürgermeister von Dohna, Dr. Ralf Müller, Vorsitzender des Zweckverbandes Wasserversorgung Pirna/Sebnitz, betont die Bedeutung partnerschaftlicher Zusammenarbeit für den Projekterfolg: »Das Projekt wird gelingen, wenn man gut mit allen Beteiligten kommuniziert, Probleme gemeinsam bespricht und Lösungen aushandelt. Die gemeinsame Reise mit den tschechischen Kollegen verbindet schon zu Projektbeginn. Die ÖBB hat vermittelt, wie man auf Augenhöhe kommuniziert.«

Stellvertretend für die verschiedenen Fachbehörden und Ressorts äußerte sich Stefan Richter vom Sächsischen Staatsministerium des Innern (Referat Brandschutz, Feuerwehrwesen): »Während der Fachexkursion informierten sich tschechische und sächsische Brandschutzexperten über die konkrete Umsetzung neu entwickelter Sicherheitsstandards bei Tunnelbauwerken in Österreich. Auch erfolgte ein erster Austausch über deren Schutzwirkung während des ersten Brandes auf einem bereits fertig gestellten Teilabschnitt. Diese Erkenntnisse sind für die weiteren Abstimmungen zur Planung, die Bauphase und die Betriebsphase des Erzgebirgstunnels von großer Bedeutung. Sie werden auch die Grundlage für die Diskussion bieten, wie das auf deutscher Seite der Tunnelstrecke bisher ausschließlich kommunal getragene Gefahrenabwehrsystem weiterentwickelt werden kann, um ausreichend leistungsfähig für Notfälle und Brandereignisse im Tunnel zu werden.«

Die Exkursion ist neben der vom SMWA erarbeiteten »Fachexpertise zur nachhaltigen Wiederverwendung von Tunnelausbruchmaterial am Beispiel des Erzgebirgstunnels« und der »Konflikt- und Risikoanalyse zur Vorzugsvariante der Vorplanung zur Eisenbahn-Neubaustrecke Dresden-Prag« eine weitere Unterstützungsleistung und ein wichtiger Meilenstein für die Projektkommunikation und Planungsbeschleunigung.

Hintergrund

Die Neubaustrecke ist ein Teilstück des Korridors Orient/Östliches Mittelmeer – einer von insgesamt neun Kernnetzkorridoren des Transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V), nach der aktuellen TEN-V-Revision gehört sie zum Korridor Rhein-Donau. Der Korridor verbindet die Wirtschaftszentren in Zentraleuropa mit den Seehäfen an Nord- und Ostsee, am Mittelmeer und am Schwarzen Meer.

Erste Untersuchungen zur Trasse erfolgten bereits Mitte der 1990er Jahre. Darauf aufbauend sind seit 2007 Machbarkeitsuntersuchungen und verschiedene Studien zu einer möglichen Trassenführung außerhalb des Elbtals durch das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA) vorgelegt worden. Insbesondere die mit finanzieller Förderung aus dem TEN-V-Fonds der Europäischen Kommission durch den Freistaat Sachsen und das Verkehrsministerium der Tschechischen Republik vom Sommer 2014 bis Ende 2015 erarbeitete gemeinsame Studie zu »Planungsdienstleistungen für die Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke Dresden-Prag« war ein Meilenstein für die Aufnahme in den »Vordringlichen Bedarf« des Bundesverkehrswegeplans (BVWP). Entsprechend der gesetzlichen Regelungen sind mit Aufnahme eines Schienenvorhabens in den »Vordringlichen Bedarf« des Bundesschienenwegeausbaugesetzes der Bund und die Deutsche Bahn verantwortlich. 2018 ging der Planungsauftrag nach Finanzierungsvereinbarung zwischen dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) und der DB Netz an die DB Netz.

Der Freistaat Sachsen bringt sich auch weiterhin aktiv in den Planungsprozess ein und steht als Partner zur Verfügung. Der enge Kontakt zu den betroffenen Regionen ist durch den 2016 zwischen Sachsen und der Tschechischen Republik gegründeten Europäischen Verbund für Territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) gewährleistet. Die Europäische Kommission fördert wichtige TEN-V-Vorhaben mit Finanzierungsprogrammen, gegenwärtig CEF-I und CEF-II (Connecting Europe Facility). Der Austausch über den Projektfortschritt wird daher kontinuierlich gepflegt.

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