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#ZUKUNFTblog

»Packen Sie es an«- Das Mittelstand-Digital Zentrum Chemnitz

»Packen Sie es an«- Das Mittelstand-Digital Zentrum Chemnitz

Das Mittelstand-Digital Zentrum Chemnitz ist Teil eines deutschlandweiten Netzwerks, das Unternehmen bei der digitalen Transformation unterstützt. Die Angebote sind auf mittelständische Unternehmen zugeschnitten. Mit Hilfe neuer digitaler Anwendungen und Technologien werden sie so fit für die Zukunft gemacht. Wie das funktioniert, erklärt Luise Weißflog, Geschäftsleiterin des Zentrums.

#ZUKUNFTblog: Digitale Technologien nehmen eine Schlüsselrolle bei der Verwirklichung von Klimazielen ein. Wie schätzen Sie das Einsparpotential von CO2 durch Digitalisierungsmaßnahmen im Unternehmen ein?

Weißflog: Aus unserer Sicht bieten Digitalisierungsmaßnahmen und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) große Potenziale zur Senkung des CO2-Ausstoßes. Intelligente KI-unterstützte Steuerungen sind eine zwingende Voraussetzung, um Erzeugung und Verbrauch besser aufeinander abzustimmen. So lässt sich der Energieverbrauch senken und die Überlastung der Energienetze vermeiden. Im Grunde ist ohne Digitalisierung eine Integration der Erneuerbaren Energien in die Produktions- und Arbeitsprozesse der Wirtschaft nicht vorstellbar.

Ein gutes Beispiel, das in immer mehr Unternehmen anzutreffen ist, ist die Nutzung von Solarenergie. Photovoltaikanlagen auf den Dächern der Unternehmen liefern Strom für die Ladesäulen der Elektrofahrzeuge. Dabei ist eine präzise Abstimmung der beteiligten Elemente entscheidend, um sicherzustellen, dass die Ladeinfrastruktur den Bedürfnissen der Flotte gerecht wird und ein effizienter, umweltfreundlicher und auch rentabler Betrieb möglich ist.

Wichtig ist außerdem die Transparenz in der Fertigung über Prozesse und Anlagen hinweg. Werden die Daten gezielt erfasst, kann man Verbesserungspotenzial leichter erkennen.  Beispielsweise kann man Lastspitzen vermeiden und den Ressourcenverbrauch in Summe reduzieren. Predictive Maintenance mittels intelligenter Algorithmen hilft, Stillstände zu vermeiden. Es reduziert Qualitätseinbußen und damit ggf. Ausschuss deutlich und kann die Auslastung erhöhen. Um solche Szenarien greifbarer zu machen, können wir auf unsere Experimentier- und Digitalfabrik zurückgreifen. Hier zeigen wir, wie durch den Einsatz digitaler Tools und Modelle von Beginn an der Ressourcenverbrauch reduziert werden kann. Und zwar bei einzelnen Bestandteilen genauso, wie bei der Planung und dem Betrieb ganzer Fabriken. Aufwendige Tests werden in den digitalen Raum verlegt. Weil eventuelle Probleme so schon im Vorfeld erkannt und vermieden werden können, werden weitere Einsparungen möglich. Auch können bestehende Abläufe optimiert werden. Die genannten Beispiele sind nur eine kleine Auswahl, die sich an vielen Stellen erweitern ließen. Unsere Experten im Mittelstand-Digital Zentrum entwickeln gemeinsam mit Unternehmen beispielhaft konkrete Ansatzpunkte und Implementierungsstrategien.

#ZUKUNFTblog: Sie verfügen über ein starkes Partnernetzwerk vor Ort. Welche Partner gehören dem Netzwerk an und wo liegen deren Schwerpunkte?

Weißflog: Im Zentrum arbeiten die beiden Transferpartner Industrie- und Handelskammer Chemnitz und Wirtschaftsförderung Erzgebirge GmbH eng mit den umsetzenden Partnern zusammen. Diese sind die TU Chemnitz, an der auch die Geschäftsstelle ansässig ist, das Fraunhofer IWU und die tti Technologietransfer und Innovationsförderung Magdeburg GmbH.

Die TU Chemnitz beteiligt sich mit dem Institut für Betriebswissenschaften und Fabriksysteme (IBF), bestehend aus der Professur Fabrikplanung und Intralogistik und der Professur Arbeitswissenschaft und Innovationsmanagement, sowie mit der Professur für Privatrecht und Recht des geistigen Eigentums. Die Kolleginnen und Kollegen bringen Expertise, aus unterschiedlichsten Fachbereichen in das Projekt ein. Dazu zählen beispielsweise nachhaltige und vernetzte Fabrik-, Produktions- und Logistiksysteme, KI-Readiness, New Work, digitale Geschäftsmodelle oder die rechtlichen Herausforderungen beim Einsatz von künstlicher Intelligenz. Die Experimentier- und Digitalfabrik dient dem Zentrum als cyber-physische Lernfabrik und Testumgebung für innovative Konzepte und Technologien.

Die Schwerpunkte des Fraunhofer IWU liegen u. a. auf verschiedenen Aspekten zur ressourceneffizienten Fabrik. Sie führen Interessierte an das Thema Ökobilanzierung heran; oder zeigen mit Hilfe von Demonstratoren unterschiedliche Einsatzmöglichkeiten von KI-Anwendungen in der Produktion.

Die tti Technologietransfer und Innovationsförderung Magdeburg GmbH bringt umfassendes Fachwissen im Bereich IT-Sicherheit in das Zentrum mit ein. Sie ist Ansprechpartner bei der Konzeption, Skalierung und Einführung von Lösungen rund um die IT-Sicherheit, unterstützt beispielsweise bei der Erstellung nachhaltiger IT-Sicherheitskonzepte oder der Konzeption von sicheren und intelligenten Produkten.

#ZUKUNFTblog: Die Digitalisierung im Unternehmen muss langfristig ausgerichtet sein und erreicht damit auch strategische Bedeutung. Welche Empfehlung haben Sie für Unternehmer, die sich wohlmöglich erstmals strukturiert mit der Thematik auseinandersetzen wollen?

Weißflog: Packen Sie es an. Verschaffen Sie sich einen Überblick. Überlegen Sie genau, welche Ziele Sie verfolgen und wo Sie gerade stehen. Analysieren Sie klar die Anforderungen an Ihre Digitalisierungslösung und erarbeiten Sie einen Plan wie Sie Schritt für Schritt realistisch Ihre Ziele erreichen. Achten Sie darauf, Ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen frühzeitig in die Planung und Umsetzung von Digitalisierungsvorhaben einzubeziehen. Nutzen Sie unabhängige und neutrale Unterstützungsangebote wie die Mittelstand-Digital Zentren.

Bei industriellen Fertigungsprozessen können digitale Anwendungen den gesamten Produktionszyklus optimieren und damit zur Dekarbonisierung der individuellen Verfahren beitragen. Welche Technologien befördern hier konkret optimierte Prozesse und ggf. auch nachhaltigere Produkte?

Hierfür gibt es eine Vielzahl an digitalen Anwendungen und Technologien. Digitale Zwillinge z. B. ermöglichen präzise Simulationen von Szenarien und die Überwachung von Fertigungsprozessen. Das bietet produzierenden Unternehmen umfangreiche Potenziale. Es setzt aber auch die Verfügbarkeit einer entsprechenden Datenbasis voraus. Automatisierung und Robotik tragen ebenfalls zur Effizienzsteigerung in Produktionsbetrieben bei. Sie übernehmen repetitive Aufgaben. Das kann dem Fachkräftemangel entgegenwirken und den Ressourcenverbrauch optimieren.

Eine Schlüsselrolle in nahezu allen Branchen und Unternehmensgrößen kommt der KI zu. Durch fortgeschrittene Datenanalyse und maschinelles Lernen ermöglicht KI bspw. eine präzisere Vorhersage von Fertigungsanomalien oder Durchlaufzeiten. Das führt wiederum zu einer besseren Qualitätskontrolle und ermöglicht eine vorausschauende Wartung. Auch in der Produktentwicklung kann KI unterstützen. Beispielsweise durch komplexe Analysen, um Materialien mit geringerem Umweltimpact zu identifizieren und Designoptimierungen vorzuschlagen oder um Ressourcenverbrauch und Abfall zu minimieren. Im Grunde kann KI entlang der gesamten Lieferkette Effizienzsteigerungen durch die dynamische Anpassung von Produktionsprozessen an variable Anforderungen erzielen.

#ZUKUNFTblog: Welche Herausforderungen sehen Sie konkret bei der Umsetzung von Digitalisierungsvorhaben in sächsischen Betrieben?

Weißflog: Statistiken wie die Digitalisierungsumfrage der DIHK, aber auch die Erfahrungen aus unseren Digitalisierungsprojekten, zeigen, dass sowohl der Zeitaufwand als auch die Kosten der Digitalisierung die größten Hemmnisse darstellen. In kleinen und Kleinstunternehmen fehlt es zudem meist an den nötigen Fachkräften. Hier ist es entscheidend, dass es entsprechende Förderungen gibt, die die Hemmschwelle senken und den Zugang für Unternehmen aller Größen und Branchen sowohl in finanzieller als auch fachlicher Hinsicht erleichtern. Außerdem sind viele Unternehmen abseits der Ballungszentren Dresden oder Leipzig angesiedelt. In den eher ländlichen Regionen stellt die fehlende digitale Infrastruktur eine weitere Herausforderung dar, an der es zu arbeiten gilt.

#ZUKUNFTblog: Was wären ihre Wünsche für die kommenden Jahre?

Weißflog: Ich wünsche mir, dass in den nächsten Jahren viele sächsische KMU Erfolgsgeschichten schreiben, indem sie die Potenziale von Digitalisierung und KI entdecken und zielführend umsetzen, um sich zukunftsfähig aufzustellen.

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