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#ZUKUNFTblog

Frank Schladitz: »Sachsen hat das Potenzial, zum weltweiten Leitanbieter für Carbonbeton zu werden.«

Frank Schladitz: »Sachsen hat das Potenzial, zum weltweiten Leitanbieter für Carbonbeton zu werden.«

Carbonbeton gilt als Schlüsseltechnologie im Bauwesen, um die Klimaziele zu erreichen. Bislang ist für die langfristige Tragfähigkeit von Betonbauwerken eine Bewehrung aus Stahl einzubauen. Carbonbeton kann die CO2-intensive Stahlbetonbauweise ersetzen. Der Werkstoff ist leichter, nicht rostend, recycelbar und somit ressourcenschonender. Der #ZUKUNFTblog hat mit Dr.-Ing. Frank Schladitz, Geschäftsführer des C³ – Carbon Concrete Composite e. V., Trägerverein des sächsischen Innovationsclusters »C³Saxony«, über die Einsatzmöglichkeiten von Carbonbeton gesprochen. Schladitz ist zugleich Forschungsgruppenleiter des Institutes für Massivbau an der Technischen Universität Dresden.

#ZUKUNFTblog: »C³Saxony« gehört seit 2022 zu den vom Freistaat unterstützten Innovationsclustern. Sachsen fördert das Branchennetzwerk bis 2025 mit 2,15 Millionen Euro. Welche Vorhaben wollen Sie bis dahin umsetzen?

Frank Schladitz: Die Carbonbeton-Technologie wurde im Rahmen mehrerer großer Entwicklungsprojekte, die aus Sachsen heraus initiiert wurden, bis zur Marktreife entwickelt. Jetzt gilt es sicherzustellen, dass die Region auch langfristig davon wirtschaftlich profitiert. Hierzu sollen u. a. die Sichtbarkeit der sächsischen Akteure erhöht, die Vernetzung gestärkt, die technologischen Lücken geschlossen und der Wissens- und Technologietransfer ausgebaut werden. Insgesamt umfassen die Aktivitäten die Bereiche Öffentlichkeits-, Transfer- und Infrastruktur-Offensiven.    

#ZUKUNFTblog: Ihr Verbund vernetzt die herausragenden sächsischen Akteure auf dem Gebiet der Materialforschung. Welche Partner gehören dem Netzwerk an und wo liegen deren Schwerpunkte?

Frank Schladitz: Dem Netzwerk gehören Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft an, wobei fast die gesamte Carbonbeton-Wertschöpfungskette, vom Rohstoff bis zum Recycling, abgedeckt ist. Der Schwerpunkt liegt aktuell im Bereich der Planung und Ausführung von Carbonbetonprojekten – sowohl in der Sanierung von bestehenden Stahlbetonbauwerken als auch im Neubau. In den kommenden Jahren wird der Fokus in Sachsen auf der Schließung der Wertschöpfungskette und der Entwicklung von wichtigen Schlüsseltechnologien liegen, mit denen Sachsen seine Leitanbieter-Stellung ausbauen kann.

#ZUKUNFTblog: Woraus werden die Carbonfasern eigentlich gewonnen und wie fällt die CO2-Bilanz der Carbonbeton-Herstellung aus?

Frank Schladitz: Carbonfasern bestehen zu ca. 99 Prozent aus Kohlenstoff. Dieser Kohlenstoff kann aus allem gewonnen werden, was Kohlenstoff enthält – somit aus fast allen organischen Materialien. Zum Beispiel aus Erdöl, Holz und dem CO2 der Luft. Die CO2-Bilanz pro Kilogramm Carbon ist zwar ca. zehnmal schlechter als die von Stahl. Da Carbon jedoch nur ein Viertel der Dichte aufweist und darüber hinaus auch noch die sechsfache Tragfähigkeit besitzt, benötigt man nur ca. fünf Prozent des Gewichts an Carbon im Vergleich zum Stahl und hat damit bereits eine hervorragende CO2-Bilanz der nichtrostenden Carbon-Bewehrung. Darüber hinaus können Betonbauteile deutlich dünner sein, da der Beton nicht mehr die Aufgabe hat, die innenliegende Bewehrung – bisher aus Stahl – vor Korrosion zu stützen. Damit wird nicht nur der Betonverbrauch, sondern es werden vor allem die CO2-Emissionen reduziert, was zu einer weiteren Verbesserung der CO2-Bilanz beiträgt. Die Nutzung von Ökobetonen und Recyclingbetonen, die für Carbonbeton hervorragend geeignet sind, verbessern die CO2-Bilanz zusätzlich. Schon heute wird eine Reduktion der CO2-Emissionen um 50 Prozent erreicht. Möglich erscheinen bis zu 80 Prozent.

#ZUKUNFTblog: Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit die Bauwirtschaft Carbonbeton künftig im großen Maßstab einsetzt?

Frank Schladitz: Wir müssen bei den potenziellen Nutzern bzw. Käufern Vertrauen zu der Technologie aufbauen. Wenn viele von der Carbonbetontechnologie überzeugte Personen oder Organisationen darüber positiv sprechen, ist man bestrebt, diese ebenfalls einzusetzen. Hierfür gilt es, über die immer größere Anzahl von Carbonbetonprojekten im Neubau und der Sanierung öffentlich zu berichten. Es müssen der barrierefreie Zugang zum Wissen über den Carbonbeton weiter ausgebaut werden sowie Planungshilfen, Standards und Richtlinien noch umfangreicher bereitgestellt werden. An all diesen Dingen arbeitet unser C³-Verband intensiv. Im Januar 2023 beispielsweise erscheint das erste Handbuch Carbonbeton mit dem aktuellen Wissensstand zur Anwendung der neuen Bauweise – für Neubau sowie Ertüchtigung und Instandsetzung.

#ZUKUNFTblog: Im Sommer 2022 haben Sie in Dresden den »CUBE«, das weltweit erste Gebäude aus Carbonbeton, eingeweiht. Welches Innovations- und Wertschöpfungspotenzial besitzt der Werkstoff für die Forschung und Entwicklung in Sachsen insgesamt?

Frank Schladitz: Für Carbonbeton werden u. a. passende Bewehrungen, Maschinen, Einbauteile, Logistiksysteme, Herstellverfahren, Recyclingprozesse, Software und Dienstleistungen benötigt und entwickelt. All diese Bereiche bieten in dem neu zu besetzenden Markt Innovations- und Wertschöpfungspotenziale für Sachsen. Vor allem der Wissensvorsprung in der Region, die hohe Anzahl an Organisationen (Unternehmen und Hochschulen), die sich bereits seit Jahren dem Thema widmen, und die finanziellen Unterstützungen des Freistaates Sachsens bieten – im Vergleich zu anderen Regionen – Potenziale, die es jetzt zu nutzen gilt. Sachsen hat das Potenzial, zum weltweiten Leitanbieter für Carbonbetonprodukte und -dienstleistungen zu werden.

#ZUKUNFTblog: Vielen Dank für das Gespräch.

Hintergrund: Innovationscluster in Sachsen

Der Förderwettbewerb »Innovationscluster« wurde im Juli 2017 gestartet. Mit dem Wettbewerbsaufruf setzte das Wirtschaftsministerium den zweiten Baustein der neuen Richtlinie Clusterförderung um, die im November 2016 vorgestellt worden war. 2021 fand eine zweite Wettbewerbsrunde statt, aus der C³Saxony hervorgegangen ist.

Gesucht wurden jeweils anspruchsvolle, innovative und branchenübergreifende Zukunftsideen, die von Unternehmen, Wissenschaftlern und weiteren Akteuren gemeinsam in einem Innovationscluster umgesetzt werden. Der Freistaat unterstützt die ausgewählten Netzwerke mit jeweils bis zu fünf Millionen Euro, die in einem Zeitraum von bis zu zehn Jahren eingesetzt werden können.

Zu den Clustern, die aus der ersten Wettbewerbsrunde hervorgegangen sind, zählen

»Wasserstoffland Sachsen« hat 2022 als erstes Innovationscluster vom Freistaat eine Anschlussförderung für die zweite Projektphase erhalten.

Bildrechte: C³


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