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Streckenreaktivierung: Gutachten liegen vor

Streckenreaktivierung: Gutachten liegen vor

Im August 2021 hatten sich Verkehrsminister Martin Dulig und die verkehrspolitischen Sprecher der Koalitionsfraktionen darauf verständigt, mehrere Schienenstrecken aus einer Erstbewertung von 22 potentiell zu aktivierenden sächsischen Eisenbahnstrecken intensiv und detailliert auf eine Aktivierungsmöglichkeit hin zu untersuchen. Die vertieften Untersuchungen sind notwendig, um unter anderem die Voraussetzungen für infrage kommende Förderungen des Bundes, zum Beispiel im Rahmen des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG), zu schaffen. 

Rückblick zum Start des Basisgutachtens, 18. August 2021

Verkehrsminister Martin Dulig: »Ich bin froh, dass nach einem langen Prozess, von dem auch alle Beteiligten im Vorfeld nicht ahnten, dass er so zeitintensiv verlaufen würde, nunmehr die Ergebnisse vorliegen und die Abstimmungen beendet sind. Was immer bedacht werden muss: Die stillgelegten Strecken in Sachsen wurden nicht von der Regierung stillgelegt oder weil auf diesen zu viel Verkehr war. Sondern die Zweckverbände haben den Betrieb einstellen lassen, weil die Nachfrage der potentiellen Bahnnutzer nicht mehr gegeben war. Mit den vertieften gutachterlichen Prüfungen haben wir untersuchen lassen, ob ein wirtschaftlicher Betrieb, auch im Hinblick auf sich verändertes Mobilitätsverhalten der Menschen in unserem Freistaat, wieder gegeben sein könnte. Wir haben die Ergebnisse in der der Koalition diskutiert und die nun weiter folgenden Schritte erörtert, um den Bahnverkehr in Sachsen wieder attraktiver zu machen. «

Bewertung einzelner Strecken

Zwischen SMWA und der Nossen-Riesaer Eisenbahn-Compagnie GmbH (NRE) wurde bereits im Sommer 2021 ein Planungsvertrag für die Reaktivierung der Strecke Döbeln – Meißen für den SPNV abgeschlossen, der derzeit auf die aktuellen Rahmenbedingungen angepasst wird. Der Eisenbahninfrastrukturbetreiber NRE wird nunmehr einen Gutachter mit den entsprechenden Planungsleistungen beauftragen.

Da sich die Strecke in einem schlechten Erhaltungszustand befindet und für die anstehende Reaktivierung noch einige Vorleistungen zu erbringen sind, wurde bereits mit dem Eisenbahninfrastrukturbetreiber NRE eine vorgezogene Erhaltungsinvestition auf dem Streckenteil Nossen – Meißen vereinbart, um den Zugang per Schiene zum strategisch wichtigen Tanklager in Rhäsa sicherzustellen. Neben einer Bundesförderung und einem Eigenanteil der NRE fördert der Freistaat Sachsen diese Maßnahme mit ca. 1,7 Mio. EUR. Diese Baumaßnahmen sollen 2024 abgeschlossen sein und hätte bei der eigentlich geplanten Reaktivierung sowieso durchgeführt werden müssen.

Die vom sächsischen Verkehrsministerium zusätzlich für die Strecken Marienberg – Pockau-Lengefeld, Beucha – Brandis – Trebsen, Ebersbach – Löbau und Niedercunnersdorf – Oberoderwitz (Herrnhuter Bahn) beauftragten Potentialanalysen inklusive der groben Kostenberechnungen für die Infrastruktur und einer Abschätzung der im Betrieb entstehenden Betriebskosten sind abgeschlossen und ausgewertet. 

Im Rahmen der Gutachten wird insbesondere für die Strecken Marienberg – Pockau-Lengefeld sowie Beucha – Brandis – Trebsen weiteres Potenzial gesehen. Für beide Strecken weisen die Analysen ein ausreichendes Fahrgastpotenzial, moderate Investitionskosten und Zuschussbedarfe auf. 

Die Strecke Marienberg – Pockau-Lengefeld bietet dabei unter Kostengesichtspunkten die besseren Voraussetzungen. Hier belaufen sich die Investitionskosten auf rund 15 Mio. Euro, der erwartete jährliche Zuschussbedarf für die Durchführung von Verkehrsangeboten beträgt 2,3 Mio. Euro. Die zu erwartende Nutzung liegt durchschnittlich bei 410 Personen pro Tag und rund 2,8 Mio. Personenkilometer pro Jahr. Für diese Strecke werden wir mit dem Infrastrukturbetreiber Erzgebirgsbahn in die Gespräche eintreten, mit dem Ziel, einen Vertrag zur Vorplanung sowie der sich anschließenden standardisierten Bewertung zu schließen.

Für die Strecke Beucha-Brandis-Trebsen belaufen sich die Investitionskosten gemäß Gutachten auf rund 32 Mio. Euro, der Zuschussbedarf wird mit 2,1 Mio. Euro ausgewiesen. Die zu erwartende Fahrgastzahl liegt durchschnittlich bei 380 Personen pro Tag und rund 2,9 Mio. Personenkilometer pro Jahr. Diese Strecke wird trotz der vergleichsweise guten Parameter vorerst zurückgestellt bis die infrastrukturellen Voraussetzungen geklärt sind. Da nur eine umsteigefreie Verbindung bis Leipzig-Hauptbahnhof sinnvoll ist, müssen heute vorhandene Kapazitäten zur Aufnahme diese zusätzliche Verbindungsstrecke erweitert werden. Dies scheint aus heutiger Sicht nur durch den Bau eines weiteren Gleises im Stadtgebiet Leipzig realisierbar.

Für die Strecken Löbau – Ebersbach und Niedercunnersdorf – Oberoderwitz (Herrnhuter Bahn) ergeben sich, auch in Kombination beider Streckenabschnitte, keine ausreichenden Fahrgastpotenziale im Verhältnis zu den notwenigen Investitionskosten. Zudem weist das Gutachten einen überaus hohen Zuschussbedarf für den späteren Betrieb auf.

Bei der Strecke Löbau – Ebersbach liegt die erwartete Fahrgastzahl bei durchschnittlich 290 Personen pro Tag und rund 2,1 Personenkilometer pro Jahr. Die Investitionskosten belaufen sich gemäß Gutachten auf rund 26 Mio. Euro. Der jährliche Zuschussbedarf für den Streckenbetrieb wird mit 6,5 Mio. Euro ausgewiesen. Wir werden nun mit dem Landkreis Görlitz und dem zuständigen Zweckverband prüfen, ob und wie eine wirtschaftliche Voraussetzung für eine Aktivierung der Strecke geschaffen werden kann.

Für die Strecke Niedercunnersdorf – Oberoderwitz belaufen sich die Investitionskosten auf 49 Mio. Euro, der jährliche Zuschussbedarf liegt bei 7,3 Mio. Euro. Die zu erwartende Nutzerzahl liegt bei durchschnittlich 350 Personen pro Tag und rund 3,7 Mio. Personenkilometer pro Jahr. Diese Variante werden wir daher, so wurde es mit den Koalitionsfraktionen diskutiert, nicht offensiv weiterverfolgen. Gegebenenfalls ergeben sich hier neue Möglichkeiten, sofern sich die Rahmenbedingungen wie durch eine Erhöhung der Regionalisierungsmittel bzw. erweiterter Fördermöglichkeiten durch den Bund entsprechend verbessern.

»Mit den verkehrspolitischen Sprechern der Koalitionsfraktionen haben wir uns auf Grundlage der Ergebnisse und der im Landeshaushalt zur Verfügung stehenden Mittel darauf verständigt, uns vorerst auf die Strecken Döbeln – Meißen und Pockau-Lengefeld-Marienberg weiter zu fokussieren und die mögliche Aktivierung beider Strecken weiter zu verfolgen. Mit der Erzgebirgsbahn werden aktuell die Vertragsgrundlagen für die Planungsaufnahme abgestimmt, um schnell mit den Planungen beginnen zu können. Ebenso stehen wir in Abstimmung mit dem ZVMS zu den im Betrieb entstehenden Betriebskosten«, so Verkehrsminister Martin Dulig. 

Über die im Basisgutachten hinaus empfohlene Strecke Kamenz – Hosena haben diePlanungen für die Elektrifizierung des Gesamtabschnittes Arnsdorf – Kamenz – Hosena – (Hoyerswerda) im Rahmen desInvestitionsgesetz Kohleregionen bereits begonnen. In diesem Zusammenhang sind auch die weiteren erforderlichen Planungen zur Elektrifizierung im Abschnitt Dresden – Bischofswerda zu sehen, zu denen derzeit die vertraglichen Abstimmungen zwischen dem Freistaat Sachsen und der DB AG laufen.

Für die Reaktivierung der Muldentalbahn zwischen Großbothen – Rochlitz – Narsdorf wird derzeit unter Federführung des ZVNL in Abstimmung mit dem Landkreis eine Vorstudie zur standardisierten Bewertung erstellt. Die Erstellung wird durch das SMWA finanziell unterstützt und soll im Frühjahr 2024 vorliegen. Es ist hier vereinbart, dass weitere Planungsschritte erfolgen sollen, wenn die Ergebnisse hinsichtlich Nutzerzahlen, Investitionskosten und Betriebskosten denen der Strecken Marienberg – Pockau und Beucha Trebsen vergleichbar sind.

Ablaufplan bei allen Projekten zur Reaktivierung

  • Abschluss Planungsvertrag mit dem jeweiligen Infrastrukturbetreiber 
  • dieser muss in der Folge ein Planungsbüro für die Vorplanung (Lph 2 HOAI) und die anschließende Standardisierte Bewertung (Wirtschaftlichkeitsnachweis NKV > 1) beauftragen 
  • nach Bestätigung der Wirtschaftlichkeit muss durch den Infrastrukturbetreiber ein Planungsbüro für die Planungen bis Baurecht (Genehmigungsplanung – Lph 4 HOAI) beauftragt werden 
  • bei Nicht-Bestätigung der Wirtschaftlichkeit: Projektabbruchparallel dazu: Verhandlung bzw. Herbeiführung von Gremienbeschlüssen über verbindliche langfristige SPNV-Bestellung und Finanzierung durch den/die Zweckverbände des ÖPNV 
  • Antrag des jeweiligen Infrastrukturbetreibers auf GVFG-Förderung beim BMDV
  • Nach GVFG-Bewilligungsbescheid Baubeginn
  • Inbetriebnahme

Weitere Informationen unter: https://www.mobilitaet.sachsen.de/schiene-3984.html#a-4236


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