19.05.2023

Ein Tag als Aushilfe im Briefzentrum der Deutschen Post in Ottendorf-Okrilla

Minister Martin Dulig sortiert Briefe im Briefzentrum der Deutschen Post.
© SMWA

Staatsminister Martin Dulig als Aushilfe im Briefzentrum der Deutschen Post in Ottendorf-Okrilla.

Ohne Pause transportiert das Rollband Standardbriefe, Kompaktbriefe, selbstgebastelte Briefe und kleine Warenbriefsendungen zu mir. Innerhalb weniger Sekunden muss ich entscheiden, welche Sendung in welche gelbe Kiste rechts neben mir einsortiert wird. Nur Standardbriefe dürfen auf dem Band bleiben, damit sie im Anschluss automatisch entwertet werden können. Hin und wieder flaut die Arbeit kurz ab, bevor sie dann erneut Fahrt aufnimmt. Mir wird schnell warm. Die Gespräche mit meinen Kolleginnen und Kollegen am Band brechen hin und wieder ab, wenn ich eine Sendung falsch einsortiere und kurz ihren Laufweg korrigieren muss.

Minister Martin Dulig im Briefzentrum der Deutschen Post © SMWA

Jeder kennt sie. Fast jeder nutzt sie. Doch kaum einer weiß, wie das System hinter den Kulissen der Deutschen Post tatsächlich funktioniert. Dabei ist es doch so einfach! Den Brief in den gelben Kasten werfen – und ein oder zwei Tage später liegt er im Briefkasten des Empfängers. Nur, was für eine aufwendige Logistik hinter dem System Post steckt, ist mir völlig neu. Für einen Tag darf ich hineinschnuppern in die gelbe Welt – bin im Briefzentrum Ottendorf-Okrilla (Landkreis Bautzen) als Aushilfe angestellt für mein Projekt »Deine Arbeit, meine Arbeit«. Während meines Arbeitseinsatzes interessiert mich wie immer, was den hier arbeitenden Menschen auf der Seele brennt, welche Probleme und Sorgen sie haben, die ich als Politiker vielleicht mit lösen helfen kann. Wie üblich bin ich daher nicht angemeldet – nur einige wenige Vertraute wussten vorher Bescheid, dass ich heute hier bin. So kann ich wirklich mitarbeiten, ohne Extra-Behandlung und Tamtam. 

Nach einer Belehrung stehe ich um 17.30 Uhr am Briefordner-Band. Über dieses laufen sämtliche Briefe, welche heute in der Postleitzahl-Region »01***« in die Briefkästen geworfen oder in einer Filiale aufgegeben wurden. Etwa 750.000 Briefsendungen sind es täglich, rund 70.000 gleiten dabei (statistisch) heute durch meine Hand. 260 Menschen arbeiten im gesamten Verteilzentrum. Mit mir in der Spätschicht sind es etwa 50 erfahrene Kolleginnen und Kollegen, dazu Studenten und weitere Aushilfen. Zwei Kollegen erkennen mich sofort, einer ärgert sich, dass er kein Handy bei der Arbeit mitführen darf für ein Selfie. Ansonsten bekomme ich nicht groß mit, wann die »stille Post« durch die Hallen der großen Post ist, dass ich heute hier bin. Für meine geübten Kolleginnen und Kollegen bin ich so oder so die Aushilfe.

Minister Martin Dulig sortiert Briefe im Briefzentrum der Deutschen Post. © SMWA

Nach dem händischen Sortieren übernehmen die Maschinen, Computer und Datenleitungen die Arbeit. Die Briefe werden automatisch entwertet und über ein ausgeklügeltes Verteilsystem direkt sortiert. Dabei werden die Sendungen so verteilt, dass sie in Container verpackt nach Mitternacht via Laster durch das gesamte Bundesgebiet rollen – und an Umtauschpunkten weiter in ihre jeweilige Zielregion transportiert werden. Ebenso ergeht es allen Briefen, die aus jeder Ecke des Landes hierher nach Ottendorf-Okrilla kommen.

Alle Briefe, die in der »01***« Region bleiben oder eben nachts aus anderen Verteilzentren angeliefert werden, werden via Computer über Laufbänder und große Roboteranlagen so in Kisten sortiert, dass Zustellerinnen und Zusteller in den 659 Zustellbezirken nicht mehr umständlich nach Hausnummern und entsprechenden Briefen suchen müssen – alles ist letztlich fertig für die jeweiligen Briefkästen abgepackt. Dabei geht die Zustellung bei der Post inzwischen außerordentlich ökologisch vonstatten: Entweder werden die Sendungen in größeren Gemeinden und Städten per E-Bike oder zu Fuß zugestellt. Für Entfernungen auf dem Land gibt es bei der Post inzwischen E-Fahrzeuge. Die Deutsche Post AG verfügt deutschlandweit über die größte Elektroflotte! Dass alle neuen Standorte über Solardächer, Batteriespeicher, eine eigene Ladeinfrastruktur und Wärmepumpen verfügen, sei selbstverständlich, erzählt mir später Niederlassungsleiterin Marion Oppermann.

Anlagen im Briefzentrum der Deutschen Post. © SMWA

Überhaupt merke ich im Gespräch, dass die Frauen und Männer hier nicht nur zufrieden sind mit ihrer Arbeit und den sozialen Leistungen, die sie erhalten, sondern vor allem, dass sie alle stolz darauf sind, »Postler« zu sein. So verdienen sich am Sortierband viele Studierende aus Dresden gern etwas dazu. Auch ältere Kolleginnen und Kollegen, die für das tägliche Zustellen gesundheitlich nicht mehr in der Lage sind, werden in den Verteilzentren eingesetzt. »Wir lassen niemanden durchs Raster fallen«, sagt Marion Oppermann, seit 46 Jahren bei der Post angestellt. Und sie erzählt auch, dass sie als Niederlassungsleiterin an Stresstagen, wie in der Weihnachtszeit, selbst mit am Band steht und die Mitarbeiter unterstützt. Immerhin läuft dann fast eine Million Sendungen täglich durch die Hallen in Ottendorf-Okrilla nordöstlich von Dresden.

Ich verlasse das Post-Verteilzentrum mit dem guten Gefühl: Hier ist ein tarifgebundenes Unternehmen, was sich nicht nur sehr für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einsetzt, sondern auch für die Kunden versucht, das Beste herauszuholen. Immerhin hat sich das Geschäft seit Einführung der E-Mail komplett geändert, damit mussten auch viele Abläufe angepasst werden. Das Postverteilzentrum in Ottendorf-Okrilla zählt zu den Vorzeigezentren der Post. Dafür und vor allem für die Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kann ich nur sagen: Vielen Dank und Respekt!

Gelbe Boxen im Briefzentrum der Deutschen Post. © SMWA

Eine Woche nach meinem Arbeitseinsatz bin ich erneut bei der Post. Diesmal mit Krawatte und Anzug als Minister. Mit den sächsischen Betriebsräten, der Regionalleitung und den drei Niederlassungsleitern bespreche ich aktuelle Themen. Dabei geht auch und vor allem um die Reform des Postgesetzes. Ich verstehe die Anliegen des Unternehmens nun besser, warum man sich vor ausländischen Dienstleistern schützen will. Nicht, weil man den Wettbewerb fürchtet, sondern weil dieser nur im Kostenbereich stattfindet – nicht im sozialen und ökologischen Sektor. Ein wichtiger Punkt, der mir auch für unsere Arbeit am sächsischen Vergabegesetz noch einmal mitgegeben wurde: »Nicht der Billigheimer darf vom Staat belohnt werden, sondern es sollte das Unternehmen vom Staat unterstützt werden, welches für das Gemeinwohl gut ist!« Eine Botschaft, die ich voll und ganz unterschreiben kann.

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